Vanillepudding: Das hellgelbe Gold, das durch die Adern meiner Familie fließt. Das klingt fast übertrieben, aber ich meine es ernst. Pudding steht bei uns ganz hoch im Kurs und während ich diesen Text geschrieben habe, ist mindestens ein Teller Pudding von mir vernichtet worden. Wieso Teller? Na, Teller mit ihrer großen Oberfläche produzieren mehr Puddinghaut und ich liebe Puddinghaut. Ich weiß, dass diese Puddingpräferenz für rege Diskussionen sorgen kann. Deshalb möchte ich hier nichts lostreten, meinem eigenen Wohl zuliebe.
Viel lieber stelle ich mir die Frage: Was macht denn wirklich guten Pudding aus? Guter Pudding muss für mich maximal cremig sein, keinesfalls zu dünnflüssig und vor allem ohne den kleinsten Klumpen sein. Es muss – weil wir in diesem Artikel Vanillepudding betrachten – intensiv nach Vanille schmecken. Pudding sollte ein wohliges Gefühl auslösen und ganz ohne weitere Sauce, Topping oder Ähnlichem im Rampenlicht stehen können. Und da uns Pudding aus der Tüte definitiv nicht in die Tüte kommt, gibt’s hier meine Anleitung für genialen Vanillepudding. Und: Er ist mit einer besonderen Technik anders als die meisten klassischen Vanillepudding-Rezepte. Wir binden den Pudding nämlich vor allem mit Eigelb. Dranbleiben lohnt sich!
Inhaltsverzeichnis
- Entstehung des Vanillepuddings
- Zutaten
- Flüssigkeit binden, Protein vs. Stärke
- Vanillepudding perfekt binden
- Zur Rose abziehen
- Vanille
- Sahne
- Warum wird Pudding wieder flüssig?
- Haut vermeiden
- Rezept
- Zubehörempfehlung
Pudding ist nicht gleich Pudding! Die Geschichte hinter Pudding ist verrückter als man denkt und gibt uns Hinweise auf die richtige Zubereitung von Pudding. Möchtest Du am liebsten direkt in das Rezept eintauchen, klicke hier!
Von der Blutwurst zur Vanillecreme
Pudding entstammt etymologisch gesehen dem französischen Wort “Boudin”, was die klassische Blutwurst bezeichnet. Besonders im Mittelalter gab es sehr oft Blutwurst, die als “black pudding” und “white pudding” genannt auch weniger beliebte Teile in der Fleischproduktion verwertete. So wird er heute auch in der Form mit und ohne Blut – deshalb schwarz oder weiß – als Blutwurst in der angelsächsischen Gegend unter dem selben Begriff weiterhin hergestellt. Klingt auch weitaus ansprechender als das deutsche Wort “Blutwurst”. Pudding hatte also ursprünglich absolut nichts mit dem cremigen Dessert zu tun.
Nach dem Mittelalter war die Nachfrage nach Blutwurst allerdings geringer. Man tat, was man bei jedem schlechten Song heute tut: Man mischt etwas Zusätzliches rein, verpasst dem Ganzen ein komplett neues Image und hofft auf ein Revival. So auch bei hier! Datteln, Mandeln und Zucker gesellten sich in die Wurst bis eines Tages das Fleisch komplett verdrängt wurde. Der gedämpfte Christmas Pudding ist beispielsweise ein Resultat dieser Entwicklung, erinnert aber noch nicht einmal annähernd an unseren Vanillepudding. Wie kam es also zu unserem cremig-vanilligem Dessert?
Eierhaltiges Dessert vs. Pulver-Pudding
Die Entstehung von Vanillepudding können wir in der Entstehung der Vanillesoße ergründen. Im Römischen Reich fiel es Köchen wie Schuppen von den Augen als sie die besondere Bindefähigkeit von Eiern entdeckten. Rezepte mit vielen Eiern schossen wie Pilze aus dem Boden. Vanillesoße war als Topping für Desserts geboren.
Viele Jahrhunderte später wollte Alfred Bird, ein britischer Chemiker, den Prozess der Herstellung von Vanillesoße vereinfachen. Für Vanillesoße, die mit Eiern gebunden wird, werden mehrere verderbliche Eier benötigt – eine günstigere und haltbare Alternative musste her. Alfred brachte “Vanillesoßen-Pulver” auf den Markt, welches vor allem aus der günstigen Maisstärke bestand. So war es auch fast unendlich haltbar und für jeden Haushalt erschwinglich. Und genauso funktioniert auch Vanillepudding aus der Tüte heute. Viel Stärke, die mit Milch aufgekocht wird, sie dadurch andicken lässt und ein wenig trauriges Vanille-Aroma. Doch leben wir aktuell in einer Zeit, in der Eier für jeden verfügbar sind und Verderblichkeit beim Genuss eines Desserts keine Rolle mehr spielen sollte. Back to the Blood? Nicht ganz so weit, aber zurück zur Vanillesoße wie früher.
Die Grundzutaten eines Puddings
Unser Pudding basiert auf einer Hand voll Zutaten: Milch, Sahne, Eigelb und Stärke oder Mehl – aromatisiert mit Vanillemark. Wenn wir nachfolgend also von Protein sprechen, sprechen wir vor allem vom verwendeten Eigelb, auch wenn ein paar Rezepte Vollei, also Eiweiß und Eigelb verwenden. Hintergrund davon ist vor allem, dass man so gegen die Lebensmittelverschwendung vorgehen möchte, geschmacklich bringt uns aber das Eiweiß recht wenig.
Die verschiedenen Sorten von puddingartiger Creme
In den meisten Rezepten wird der Pudding vor allem durch viel Stärke gebunden. Wir verwenden Eigelb in Kombination mit Stärke. Diese Herangehensweise ist auf die französische Crème Pâtissière zurückzuführen, die als Füllung für Èclairs oder als Basis für Buttercreme Standard in der französischen Küche ist. Der Unterschied: Unser Pudding wird in einer Schüssel serviert und nicht als Füllung gespritzt und ist so flüssig, dass er gelöffelt werden kann. Crème Pâtissière ist weitaus dicker – für diese Spritzfähigkeit wird in die Crème Pâtissière meist Butter eingerührt. Das wäre uns aber für den Pudding eine Stufe zu gehaltvoll.
Auch in der selben Familie der vanilligen Cremes lässt sich die Crème Anglaise lokalisieren. Die sogenannte Englische Creme wird auf die selbe Art und Weise ebenfalls aus Zucker, Eigelb und Milch hergestellt. Das Eigelb wird aber cremig aufgeschlagen (wie bei einer Zabaione). Das Dessert kommt allerdings ohne Stärke aus und ist deshalb weitaus dünnflüssiger. Noch umfassender ist der Überbegriff des Custards – Milch und Ei werden als Sauce angerührt und optional stichfest in einer Ofenform gebacken. Auch die bekannte Lemon Tarte besteht aus genau diesem gebackenen Custard – Diese Stichfestigkeit ist uns wiederum zu viel des Guten.
Wir haben uns zwischen all diesen Begrifflichkeiten bewegt um einen Vanillepudding zu kreieren, der vor allem in der Konsistenz genau dem entspricht, was wir uns wünschen. Ein genau perfekt cremiger Pudding, nicht flüssig, aber auch nicht stichfest.
Wie lässt man Flüssigkeiten eindicken?
Das Problem bei Vanillepudding, ist, dass wir eine Flüssigkeit – in dem Fall Milch und Sahne – eindicken wollen. Milch besteht aus verschiedenen Komponenten: Proteine, Milchzucker, Milchfett und Wasser. Diese Zutaten könnten konträrer nicht sein – Fett und Wasser verbinden sich nicht miteinander ohne, dass eine weitere Komponente mit ins Spiel kommt. Wir müssen durch eine zusätzliche Zutat ein Netz innerhalb des Wassers schaffen, das Wasser mit den restlichen Bestandteilen – Fett und Zucker – zu einem Verbund schweißt. Das funktioniert sowohl mit Protein – bei Pudding bedeutet das Eigelb – als auch mit Stärke.
Mit Protein binden
Es gibt 3 Möglichkeiten, Speisen, die Fett und Wasser beinhalten mit Proteinen zu binden, die jeweils verschiedene Anwendungsgebiete, Ergebnisse und Vor- und Nachteile haben:
- Mithilfe von mechanischer Einwirkung binden: Durch starkes Rühren oder Aufschlagen wird eine meist sehr dicke, pastose Creme erzeugt. Ein Emulgator (normalerweise Eigelb, aber auch Senf oder Honig) verbindet durch eine wasserlösliche und eine fettlösliche Hälfte beide Flüssigkeiten miteinander, wenn diese durch Aufschlagen in möglichst kleine Tröpfchen aufgebrochen werden und der Emulgator sich an sie heftet. Die Technik nennt sich auch Emulgieren und eignet sich perfekt für Gerichte, die nicht erhitzt werden sollen oder können, wie Mayonnaise. Auch wenn man Sahne aufschlägt, spricht man von einer Emulsion – Fett und Wasser in der Sahne verbinden sich und können die beim Aufschlagen entstehenden Luftblasen einschließen. Der Vorteil in dieser Technik besteht darin, dass das Ergebnis super cremig und weich ist und flexibel in der Form bleibt. Nachteil hierbei ist, dass eine Emulsion (also das Resultat) ohne Stabilisator oft instabil und nicht von Dauer ist, Öl setzt sich schnell oben ab. Beispiele sind neben der Mayonnaise auch Salatdressings aus Öl und Essig oder die klassische Mousse au Chocolat.
- Mithilfe von Wärme binden: Zutaten werden zusammen erhitzt, aber nicht gerührt. Auf diese Art werden zum Beispiel viele Kuchen wie Cheesecake und Crème Brûlée gebacken und erhalten ihre Stabilität. Die Kuchen können angeschnitten werden ohne ihre Form zu verlieren. Durch Wärme werden auch Saucen legiert, also mit Eigelb und Sahne eingedickt. Das Ergebnis ist eine cremige und gleichzeitig stabile Sauce wie die Sauce Hollandaise. Die Polypeptidketten proteinhaltiger Lebensmittel bilden hierbei durch Wärme ein Netz, das sich bei stärkerer Wärmezufuhr immer weiter auflockert. In die entstandenen Lücken können sich Wasser- und Fettmoleküle einlagern und dadurch binden. Das Ergebnis ist eine Masse, die in sich kompakt und lange beständig ist – auch wenn sie abgekühlt ist. Durch die Wärme dickt das Ergebnis sogar beim Abkühlen zusätzlich ein. Der Nachteil ist, dass die Bindungen bei zu starker Hitze und Denaturierung des Proteins irreparabel zerstört werden und man die Temperatur gut im Auge behalten muss. Auch Gelatine oder Agar Agar binden auf diese Weise und erzielen die typisch formstabilen und gleichzeitig wackeligen Ergebnisse, die allerdings nicht erneut erhitzt oder in ihrer Form verändert werden können.
- Mithilfe von Wärme und Mechanik binden: Durch konstantes Rühren und Wärme kombinieren wir die Vorteile aus beiden Welten: Eine dickere Creme entsteht, die wiederum beständig und erhitzbar ist. Hier wird vor allem zur Methode Zur Rose abziehen gegriffen, bei der Milch mit Eigelb lange erwärmt und gerührt wird. Hier muss man auch auf die optimale Temperatur zum Binden von Eigelb achten, doch dazu kommen wir noch. Das Ergebnis ist kompakter, aber nicht so kompakt wie ein Käsekuchen. Gleichzeitig ist die Masse auch flüssiger, aber nicht so flüssig wie Sauce und kann dadurch auch noch im kalten Zustand gerührt, bzw. gelöffelt werden. Wir befinden uns hier genau dazwischen in einer perfekten puddingartigen Konsistenz.
Übrigens: Auch Blut kann – wie in der erwähnten Blutwurst – durch die sehr ähnliche Proteinstruktur wie Ei zum Binden verwendet werden. Egal, ob aufgeschlagen (wird dann sogar rosa) oder für Blutwurst und Fleischpasteten, Sweeney Todd lässt grüßen. Der Kreis schließt sich!
Mit Stärke binden
Was ist Stärke?
Stärke ist ein Kohlenhydrat, das durch die Verknüpfung vieler Bausteine der Glukose (also Traubenzucker) entsteht. Stärke wird nur von Pflanzen gebildet und kann aber aus diesen Pflanzen extrahiert werden. Besonders stärkereiche Lebensmittel sind nach dieser Hausarbeit über „Die Stärke(n) des Puddings“ (herrlich!) Getreide (50-60%), Reis (70-80%) und Kartoffeln (17-24%). Stärke kann sich durch längeres Rühren (wie bei Risotto oder Milchreis) aus den Lebensmitteln lösen oder durch Pürieren genutzt werden. Püriertes Gemüse, das stärkehaltig und proteinreich ist, also zum Beispiel Bohnen, Linsen oder Erbsen, bindet auch, indem die Zellen aufgebrochen werden. Da wir uns aber ein Dessert zaubern, funktioniert das nicht gut – auch wenn ich gerne an die Zeit zurückdenke, in der es cool war, Brownies aus Kidneybohnen zu machen.
Die klassische Form, in der Stärke vor allem für Süßspeisen verwendet wird, ist in Form von extrahierter Kartoffel- oder Maisstärke, beides ist bei uns als „Speisestärke“ gängig. Extrahierte Stärke ist deshalb klasse, weil man sie nur noch hinzugegeben und erwärmen muss – und los geht die Reise! Alternativ kann man zum Abbinden Mehl verwenden, das durch seinen hohen Stärkeanteil vor allem in seiner Verwendung als Mehlschwitzen verwendet wird und aber auch für Süßspeisen geeignet ist. Hier verschwindet der mehlige Charakter vor allem durch das Erhitzen, das Ergebnis wird aber verglichen mit Stärke optisch milchiger. Auch hat reine Stärke mehr Power: Wir brauchen deshalb gut doppelt so viel Mehl wie Stärke und müssen das Rezept anpassen.
Wie funktioniert Stärke?
Extrahierte Stärke ist an sich in kalter Flüssigkeit unlöslich – zwar mischt sie sich mit der Flüssigkeit, jedoch ohne jegliche Klebefähikeit zu entwickeln. Unter Wärmeeinfluss bildet sie dann eine kolloidale Lösung. Einfacher gesagt: Die Stärke verteilt sich mikroskopisch fein im Wasser bzw. in der Milch, quillt auf und bildet beim Erkalten einen Stärkekleister, der das Wasser und die restlichen Bestandteile in der Lösung zusammenhält. Stärke quillt bei 47-57 Grad Celsius auf und bei 55-87 Grad Celsius entsteht der Stärkekleister, den man sich zunutze macht. Apropos Kleister: Man kann mit dieser Stärke auch problemlos tatsächlich Sachen aneinanderkleben. Ich erinnere mich zu gerne an meinen Kunstlehrer, der damals einen großen, warmen Topf Stärke-Kleister hatte und meinte, wir könnten rein theoretisch auch an unserem Kunstwerk lutschen. Haben wir natürlich alle nicht gemacht. Zumindest nicht wenn jemand hingesehen hat.
Welche Stärke verwenden wir für unseren Pudding?
Die Stärke, die für Pudding vor allem verwendet wird, ist Maisstärke. Maisstärke kann im Vergleich zu Kartoffelstärke weitaus länger erhitzt werden, ohne seine Bindung zu verlieren, was bei Kartoffelstärke ab und an der Fall ist. Süßspeisen mit Maisstärke sind nicht nur Zöliakie-freundlich (Vorsicht bei Kartoffelstärke, das ist bei Glutenunverträglichkeit nicht geeignet), sie erhalten außerdem eine glattere Oberfläche und glänzen mehr verglichen mit Kartoffelstärke, das den Pudding schnell optisch trüb erscheinen lässt. Wie bereits erwähnt können wir auch Mehl verwenden, müssen dann aber die Menge im Rezept anpassen.
Wir fügen unsere Stärke am Anfang im Rezept hinzu, da Stärke immer durch Wärme aktiviert werden muss um zu verkleistern und damit den Pudding zu binden. Die Stärke wird als Pulver erst in einem Löffel Milch angerührt bis sie klümpchenfrei ist und wird dann mit Eigelb, Zucker und Milch-Sahne-Gemisch verrührt. Durch das Erhitzen auf über 50 Grad dickt die Stärke langsam ein und die Magie im Topf beginnt.
Für was sollten wir uns für Vanillepudding nun entscheiden? Eigelb kombiniert mit Stärke!
Der Trick in unserem Rezept ist es, beides sinnvoll zu verbinden. Die Bindung gewinnt ihr vor allem durch das Eigelb und nur wenig Stärke unterstützt die Bindung sowie vor allem die Viskosität des Puddings. Wir verändern deshalb vor allem die Proportionen von Eigelb und Stärke und erhalten ein cremiges Ergebnis, genau wie gewünscht.
Unsere Vorteile, vorwiegend mit Ei zu binden liegen auf der Hand:
- Eier bringen einen gehaltvollen Eigengeschmack in das Dessert. Stärke kann nur Eindicken und schmeckt nach nichts oder wird eher überdosiert als unangenehm empfunden.
- Der Pudding sieht am Ende durch das viele Eigelb weitaus gelber und ansprechender aus, wir erreichen dasselbe farbliche Ergebnis, das bei industriellem Pudding mit Farbstoffen erzielt wird. Auch glänzt der Pudding oberflächlich durch das Eigelb dezent, was einfach klasse aussieht!
- Das Ergebnis wird mit Eiern cremiger und der Vanillepudding fühlt sich im Mund weicher an.
- Eigelb hat die Fähigkeit, Gerichte bis zur Stichfestigkeit zu binden. Mit Stärke gebundene Gerichte können kaum stichfest werden.
Wir verwenden aber dennoch zusätzlich ein wenig Stärke:
- Indem wir nur wenig Stärke verwenden, nimmt es keinen negativen Einfluss auf die Konsistenz, man schmeckt die Stärke oder das Mehl nicht heraus.
- Durch die Maisstärke bekommt unser Ergebnis an der Oberfläche einen schönen Glanz.
- Stärke bringt uns ein sämiges Ergebnis, da die Stärke verkleistert. Der Pudding bekommt eine viskose Konsistenz, die wir nur durch Eier nicht erreichen könnten.
- Würden wir nur Eier verwenden, müssten wir für die gleich starke Bindung wie bei der Eigelb-Stärke-Kombination mindestens 6 Eigelbe pro 500 ml Flüssigkeit verwenden (während wir lediglich 3 Eigelbe nutzen). Der Pudding würde schnell zu gehaltvoll werden.
So funktioniert’s: Zur Rose abziehen
Ei gerinnt sehr schnell. Es braucht nur wenige Grade Temperatur zu viel um irreparabel als Rührei in der Milchmasse zu schwimmen. Das sollte uns aber keinesfalls davon abhalten! Wir müssen nur die richtige Technik verinnerlichen.
Das Verfahren, etwas Zur Rose abzuziehen ist an sich sehr einfach und gleichermaßen beeindruckend – ich war zumindest beim ersten Test begeistert als hätte ich mir selbst einen Zaubertrick vorgeführt. Die Eigelbe werden mit der Milch (und in unserem Fall zusätzlich mit der Sahne, dem Zucker und der Stärke) in einem Topf vorsichtig erhitzt. Die Masse wird rührend so lange auf einen Wert zwischen 70 bis 85 Grad Celsius erhitzt bis sie sich merklich schwerer rühren lässt und cremiger wirkt – das Eigelb stockt und bindet. Durch das konstante Rühren wird das Ergebnis besonders cremig und weich.
Die richtige Temperatur für Vanillepudding
Um die richtige Temperatur zu erwischen, empfehle ich definitiv, ein Thermometer zu verwenden. Unser Favorit ist das Infrarot Thermometer*, bei dem man nicht zu nah mit seinen Händen in den Topf muss wie bei einem klassischen Thermometer – und cool sieht es auch aus. Die optimale Bindung für Milch und Ei ist bei 70 bis 85 Grad Celsius. Indem wir zusätzlich Sahne in der Mischung haben, kann es sein, dass es auch höhere Werte bis 90 Grad einsteckt. Über 85 Grad Celsius würde ich dennoch nicht nicht gehen. Zu schade wäre es, wenn auf den letzten Sekunden in einem Moment der Unachtsamkeit die Masse dann doch unbeabsichtigt zu stark erhitzt und kaputt geht.
Rosenblütenblätter am Löffel
Einen kleinen Hinweis ohne Thermometer, dass man auf der richtigen Spur ist, ist der Namensgeber für dieses Verfahren. Man nimmt einen möglichst unbeschichteten Holzlöffel, rührt damit um und pustet kräftig. Bilden sich Rillen, die wie Rosenblüten aussehen, ist die Masse fertig. Wichtig ist hier, dass man einen Holzlöffel verwendet. Auf einem Plastiklöffel zeigen sich die Blüten nicht. Am besten eignen sich möglichst unbehandelte Holzlöffel (also ohne zusätzliche glatte Versiegelung) wie dieser liebevoll handgefertigten Holzlöffel von Hofmeister*, der preislich unschlagbar ist.
Möchte man nicht zu nah mit dem Gesicht über den Topf, weil die Brille dann anläuft, kann man auch mit dem Finger eine Furche in die Masse am Löffel ziehen. Bleiben die Seiten der Furche stabil stehen, hat man ebenfalls einen Volltreffer gelandet.
Das Wasserbad als helfende Hand
Profis ziehen direkt auf dem Herd im Topf zur Rose ab. Wir gehen mit einem Wasserbad auf Nummer sicher: Die Eigelbe werden mit der Milch, der Sahne, der Stärke und dem Zucker in eine bauchige Metallschüssel gegeben. Die Schüssel wird in einen größeren Topf als Wasserbad gehalten. Kleinere Töpfe eignen sich weniger als eine Schüssel, da Töpfe oft einen dicken Boden (und dünne Wände) haben. Ein dünner Boden ohne eine Kante unten erhitzt die Masse gleichmäßiger und das Rühren fällt viel leichter. Ich kann euch hierfür dieses extrem vielseitige Schüsselset von WMF* empfehlen, das unten perfekt rund ist und somit optimal für diese Technik geeignet ist. Hierfür müsst ihr die Schüssel mit einer Hand festhalten. Möchtet ihr nebenbei noch eine Hand frei haben, kann man diese Rührschüssel* dafür auch in den Topf einhängen und sie ist im Vergleich zu den meisten Rührschüsseln auch groß genug für unsere Puddingmenge.
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Wichtig ist hier, nicht vorschnell aufzugeben und erst recht nicht, den Herd zu schnell aufzudrehen, weil augenscheinlich nichts passiert. Konstantes Rühren ist das Wichtigste. Alles in allem ist diese Technik für mich hervorragend für Pudding. Umso verwunderlicher war es für mich, dass ich kein Rezept gefunden habe, bei dem so vorgegangen wird – wenn es doch bei Crème Brûlée, Zitroneneis und Zabaione so gut klappt.
Die perfekte Vanille-Note
Wichtig für unseren Vanillepudding ist neben der Technik noch, dass wir eine intensive Vanille-Note bekommen. Hier sollte man auf gar keinen Fall zu fertigen Aromen greifen. Die Power einer Vanilleschote übertrifft nichts! Ich habe auf 500ml Milch-Sahne-Gemisch das Mark einer Vanilleschote verwendet. Die Milch sollte man mit dem Mark und der Schote (ich hatte von einem anderen Gericht sogar noch eine weitere ausgekratzte Schote zur Hand, die ich ebenfalls noch dazu getan habe) kurz aufkochen und die Mischung möglichst lange stehen lassen. So kann die Vanille ihren Job erledigen und unsere Milch fabelhaft vanillig aromatisieren. Die leeren Schoten entfernt ihr danach und könnt sie auch abgespült und getrocknet beispielsweise für selbstgemachten Vanillezucker weiterverwenden.
Ihr solltet an dieser Stelle auch lieber nicht sparen und auf jeden Fall eine frische Madagaskar-Schote verwenden. Die Schoten könnt ihr online am günstigsten bestellen. Derzeit liegt der Preis pro Schote bei etwa 3€ bis 4€ gegen 8€ im Einzelhandel. Sucht jedoch immer einen seriösen Anbieter, z.B. InterVanilla, die ihre Vanille* in Bio-Qualität vertreiben.
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Sahne rundet den Vanillepudding ab
Dass wir die Sahne zur Milch hinzufügen hat nicht nur den Vorteil, dass dies den Denaturierungspunkt der Masse mit dem Eigelb nach oben setzt. Das Abziehen zur Rose verkraftet dadurch mehr Fehler – also in dem Sinne eine höhere Temperatur. Sahne bringt mehr Geschmack in unseren Pudding und rundet die Milch geschmacklich ab. In unserem Rezept bin ich bei einem Verhältnis von 1 zu 4 geblieben, also ein Teil Sahne und 4 Teile Milch. Hier kann man sich aber nach eigenem Geschmack auch an mehr Sahne und weniger Milch oder andersherum austoben.
Wieso wird mein Vanillepudding wieder flüssig?
Ab und an hat man das Problem, dass man Pudding auf herkömmlichem Weg zubereitet, er in der Konsistenz perfekt ist. Dann schmeckt man ihn ein letztes Mal ab und plötzlich schwimmen kleine wieder flüssig gewordene Pfützchen an den Rändern im Pudding. Die Antwort ist so simpel und vielleicht auch ein klein wenig unappetitlich zugleich: In menschlichem Speichel ist das Enzym Amylase enthalten, das Stärke spaltet und unseren Pudding wieder flüssiger machen kann. Geringe Mengen hierfür reichen bereits aus. Pudding sollte man deshalb niemals aus dem Topf mit demselben Löffel probieren. Ganz flüssig wird er aber in unserem Rezept auch mit angelecktem Löffel nicht mehr werden und wieso? Weil wir mit Eigelb eingedickt haben und nicht vorrangig mit Stärke. Wenn das nicht Grund genug ist, der dafür spricht, weiß ich auch nicht weiter.
Vanillepudding dickt beim Abkühlen noch stärker ein
Ein Punkt, woran das Problem des Flüssigwerdens auch liegen kann, ist, wenn man noch vor dem Erkalten den Pudding in der Schüssel rührt. Beim Abkühlen erhält der Pudding einen immensen Zugewinn an Stabilität, den man damit kaputt machen würde. Klar kann man den Pudding warm essen (mag ich auch am liebsten!), aber komplett stabil ist er dann noch nicht.
Außerdem sollte man aufpassen, wenn man sich doch für ein Topping entscheidet und frische Früchte oben drauf setzt. Wenn man diese noch auf den warmen Pudding platziert, verlieren sie schnell durch die Wärme viel Saft und der Pudding wird wässrig. Sollte man sich für Früchte entscheiden, gebt diese also immer erst auf einen abgekühlten Pudding, dann bleibt er schön stabil!
Endlich keine Pudding-Haut mehr!
Ich weiß ja, dass es Menschen gibt, die die Haut am Pudding nicht mögen. Und deshalb hier noch ein anschließender Tipp, um die Hautbildung zu verhindern. Wenn man nach dem Einfüllen in Schüsseln den Pudding leicht mit Zucker bestreut, bildet sich keine Haut. Das Prinzip ist einfach: Es darf keine Luft an die Oberfläche geraten. So sollte man im Rezept ein wenig Zucker (je nachdem, wie süß man es möchte) weglassen, man erhält aber eine schöne Schicht ohne Haut. Wenn man stattdessen den alten Trick mit der Frischhaltefolie macht, sieht das Ergebnis schnell unästhetisch aus. Man verschwendet viel Pudding, den man davor so liebevoll angerührt hat.
Möchte man den Pudding allerdings stürzen, benötigen wir die Haut auf der Oberfläche als Standfläche. Hier sollte man darauf verzichten, gestürzt weicht die Haut auch auf und ist begraben von Pudding-Bergen nur halb so schlimm. Wenn man sie denn schlimm findet.
Wir wünschen guten Appetit und nicht vergessen, am 22. Mai ist Welt-Vanillepudding-Tag! Auch wenn es für diesen genialen Pudding keinen Tag als Grund geben muss, jeder Tag ist Puddingtag.
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Unser Rezept für unschlagbar guten Vanillepudding
Cremig-vollmundiger Vanillepudding
Zutaten
- 400 ml Milch mind. 3,5%
- 100 ml Sahne
- 1 Vanilleschote z.B. in Bio-Qualität von InterVanilla*
- 3 Eigelbe
- 15 g Speisestärke alternativ 30g Mehl
- 40 g Zucker
Anleitungen
Die Milchbasis vorbereiten
- Von den 400 ml Milch 4 EL wegnehmen und in einer kleinen Schüssel bei Seite stellen.
- Die Milch mit den 100 ml Sahne, dem Mark einer Vanilleschote, dem Zucker und der ausgekratzten Schote aufkochen, vom Herd nehmen und mit einem Deckel mindestens 1h lang ziehen lassen, besser noch über Nacht. Hier ist es nicht schlimm, wenn sich Haut bildet, einfach danach gut umrühren.
Den Pudding kochen
- In eine für ein Wasserbad geeignete Schüssel* geben und 3 Eigelb sowie die Stärke hinzugeben. Wasserbad im Topf auf Stufe 5 von 9 erhitzen und konstant mit einem Holzlöffel (kein Plastik!) rühren.
- Zur Rose abziehen: So lange rühren, bis sich das Eigelb fühlbar mit der Milch-Sahne-Masse verbunden hat. Die Masse lässt sich weitaus schwerer rühren. Entnimmt man den Kochlöffel und pustet auf die Flüssigkeit am Löffel, entstehen Wellen, die nicht direkt vom Löffel rutschen. Die Wellen sehen aus wie Rosenblütenblätter! Achtung: Gerne ein Thermometer zur Hand nehmen, die Masse darf sich keinesfalls auf über 80 Grad erhitzen. Bei Unsicherheit das Wasserbad lieber noch weniger stark erhitzen und dafür länger rühren. Bei gewünschtem Ergebnis den Topf sofort vom Herd nehmen, damit die Masse nicht aus Versehen zu heiß wird und den kritischen Punkt überschreitet. Bei mir hat dieser Schritt etwa 15 Minuten lang gedauert, da ich sehr vorsichtig vorgegangen bin.
- Den Pudding in Servierschüsseln gießen und entweder warm essen oder oberflächlich mit Zucker bestreuen, abkühlen lassen und dann genießen.
Guten Appetit, ihr Lieben! Wenn euch der Vanillepudding gefällt, solltet ihr auf jeden Fall auch unsere Rezepte für den perfekten Grießpudding, Milchreis und natürlich unser Zitroneneis ausprobieren, welches auf die gleiche Art funktioniert wie der Pudding – nur gefroren.
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Tipps zum Zubehör
Für dieses Rezept empfehlen wir folgendes Zubehör:
- Schüsselset: Dieses extrem vielseitige Schüsselset von WMF* ist wie gemacht für dieses Rezept, da die Schüsseln groß genug und unten perfekt rund sind und man somit optimal rühren kann.
- Ein gutes Topfset: Dieses 5-teilige Topfset von WMF* aus Edelstahl mit Glasdeckeln ist ein absoluter Preis-Leistungs-Hit und ich kann es für das Wasserbad nur empfehlen!
- Rührschüssel: Genießt man es, im Wasserbad eine freie Hand zu haben, gibt es auch Rührschüsseln, die man in den Topf mit Wasser einhängen kann. Ich habe lange recherchiert und diese Schüssel von Weis* ist eine der wenigen, deren Volumen groß genug für unsere Puddingmenge ist!
- Thermometer: Das Infrarot-Thermometer* ist so super, da man mit dem Leuchtstrahl nur in die Masse zielt und somit nicht zu nahm mit den Händen in den Topf muss wie bei einem klassischen Thermometer.
- Ein unbehandelter Holzlöffel: Diese Holzlöffel von Hofmeister* sind von Hand angefertigte Unikate zu einem unschlagbaren Preis. Da wir für unsere Technik einen Holzlöffel benötigen, der keine weitere Versiegelungsschicht aus Lack o.Ä. besitzt, fiel die Wahl auf diesen Löffel leicht!
*Affiliate Link. Als Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.
Ich möchte auf einen inhaltlichen Fehler hinweisen: Zöliakie-Betroffene können reine Kartoffelstärke ohne Bedenken verwenden, da sie -ebenso wie die Maisstärke- kein Gluten enthält. Dieses ist in Getreidesorten wie z.B. Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel enthalten. Ansonsten super interessanter Artikel und das Rezept hat es auf die Todo-Liste geschafft. Danke.
Danke für den Hinweis, Kerstin <3