Jedes Jahr wieder steht die Rhabarbersaison ganz unerwartet vor der Tür und ich etwas planlos zwischen den leuchtend roten Stauden. Klar, Kuchen ist immer das Naheliegenste. Aber so sehr ich die herbe Säure und das ganz besondere Aroma von Rhabarber liebe, habe ich bisher noch keine Kuchenvariante gefunden, die diesem versehentlich als Gemüse geborenen Obst so wirklich gerecht wird. Klar, man kann die hübschen Stängel durchaus in oder auf einen mehr oder minder saftigen Kuchenboden verfrachten und dann alles mit einer großzügigen Schicht Streusel oder Baiser kaschieren. Befriedigend oder gar inspirierend fand ich das noch nie. Rhabarber wird meiner Meinung nach nur dann so wirklich toll, wenn er mit Zucker eingekocht und verdichtet ist. Oder noch besser: Im Ofen karamellisiert. Dieses Kompott ist allerdings so intensiv, dass es eigentlich nicht als alleiniger „Belag“ eines Kuchen funktioniert: Große Mengen wären gustatorisch überfordernd und bei geringen Mengen landen wir ganz schnell wieder bei meinen so gefürchteten, trockenen Kuchenböden. Die Lösung ist jedoch ganz einfach und sie trägt den Namen Rhabarber-Käsekuchen.
Mittlerweile weiß ich: Rhabarber-Käsekuchen ist nichts Neues, für mich war es jedoch eine kleine Revolution. Dabei ist der zündende Gedanke einem Zufall (böse Zungen behaupten: Falscher Planung) geschuldet. Ich habe für Davids Geburtstag (s)einen grandios cremigen Käsekuchen gebacken. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen verblieb ich mit deutlich mehr Mürbteig als ich beim besten Willen unter die Käseschicht hätte packen können. Besagter Teig lag dann ein paar Tage schön verpackt im Kühlschrank und blickte mich beim Türöffnen jedes Mal mit den traurigen Augen des Zurückgebliebenen an. Der Gedanke lag nahe, einfach noch einmal einen Käsekuchen zu backen. Andererseits hatte ich den ersten frischen Rhabarber an dem Gemüsestand unseres Vertrauens gesichtet und ihn kurzerhand – und, wie schon erwähnt, eher planlos – mit nach Hause genommen. So wurde mir plötzlich klar, wie perfekt die cremige Käsekuchenmasse doch zu diesem wunderbar herb-süß-sauren Kompott passen müsse. Wenn ihr wissen wollt, warum das funktioniert und mit welchen Geheimtipps euer Rhabarber-Käsekuchen so richtig grandios wird, lest einfach weiter. Oder ihr springt direkt zum Rezept und macht euch ans Backen!
Inhaltsverzeichnis
- Rhabarberkompott mit Balsamico
- Karamellisierte Rhabarberstücke
- Perfekte Käsekuchenmasse
- Anrichten und backen
- Rezept
Ein perfektes Rhabarberkompott
Rhabarber ist für mich im falschen Körper geborenes Obst: Was aussieht wie schönster Mangold, eignet sich bekannterweise nur bedingt für deftige Zubereitungen. Im Gegenteil: Die für mich immer wieder überraschend intensive Säure schreit förmlich nach Zucker. Und das in rauen Mengen. Machen wir uns nichts vor, ohne genügend Süße fühlt sich Rhabarber an wie ich mir einen Sauerampfersmoothie vorstelle: Irgendwie gesund (weil ja doch eigentlich ein Gemüse), etwas wässrig mit ein paar traurig herumschwimmenden Fasern und einfach viel zu viel Säure. Kurzum: Nichts was uns sonderlich anspricht oder auf unserem (Desser-)Teller landen soll.
Ich habe schon bei anderen Rezepten festgestellt, dass säurelastiges Obst – in dem Fall tatsächlich Obst, nämlich Zwetschgen als Crumble oder Äpfel als Tarte Tatin – enorm davon profitieren, in Zucker karamellisiert zu werden. Der Trick dabei ist, das Obst – oder eben den Rhabarber – in Zucker zu wälzen und dann zu rösten. Dabei passieren ganz faszinierende Dinge: Die (Frucht-)Stücke ziehen Saft, der dann mit dem erhitzten Zucker zu einem Sirup mutiert. Beim weiteren Erhitzen verdickt dieser Sirup und kocht hoch. Fast wie beim Kandieren durchdringt er so unsere Pflaumen, Äpfel oder Rhabarberstücke durch und durch. Das Ergebnis: Die Strucktur bleibt erhalten – zumindest optisch. Bei näherer Begutachtung (aka beim Verkosten) zergehen die Stücke jedoch in eine saftige und cremige Masse. Genau das, was wir wollen.
Rhabarber hat dabei eine für Kompott etwas störende Eigenschaft: Die Stängel enthalten Fasern, die sich auch bei noch so liebevollem Karamellisieren nicht in Luft auflösen. Das bedeutet: Die Stangen sollten vor dem Backen entgegen der Faser kleingeschnitten werden. Anders gesagt: Ihr schneidet sie einfach in 1 bis 2cm Stücke. Die werden dann großzügig in Zucker gewälzt und etwa 10 Minuten ruhen gelassen. Ich verwende dafür am liebsten Muscovado* oder zumindest braunen Zucker, da er mit karamellige Noten dem Ganzen noch mehr Tiefe gibt. A propos Tiefe: Ich gebe vor dem Backen noch einen Esslöffel alten Balsamico-Essig zu den Rhabarberstückchen. Wie alle Fermentationsprodukte führt der zu deutlich mehr geschmackliche Komplexität und ich finde, es passt hervorragend zu dem ganz eigenen Aroma des Rhabarbers.
Der Trick mit dem Essig
Wer noch keinen guten Balsamico hat: Das Sortiment von Giuseppe Giusti ist immer eine sichere Wahl. Die Familie ist ein Urgestein der Balsamicoessig Herstellern, das schon seit Jahrunderten in Modena hochwertige und regelmässig prämierte Produkte entwickelt und auf den Markt bringt. Dabei müsst ihr auch nicht unbedingt auf die 20-Jahre gereiften* – und entsprechend teuren – Sorten zurückgreifen, dieser sehr gute aber junge Essig* tut es für unser Rezept alle mal!
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Im Anschluß kommt der Rhabarber bei 220°C Ober-Unterhitze für etwa 45 Minuten in den Ofen – in einer ofenfesten Form versteht sich! Der Essig sollte dabei nicht verbrennen, deshalb empfiehlt sich, ein Auge auf die Ränder der Form zu haben. Dort trocknet der „Sirup“ als erstes aus und kann gegen Ende der Backzeit anbrennen. Das ist nicht dramatisch, ihr solltet diese Stellen im Anschluss allerdings nicht aus der Form kratzen und mit dem Kompott vermengen. Letzteres solltet ihr direkt nach dem Backen in der heißen Form tun, so verteilt sich die restliche Flüssigkeit und verdampft noch ein wenig. Anschließend solltet ihr das Rhabarberkompott ein wenig auskühlen lassen, bevor es in die Küchlein verarbeitet wird.
Karamellisierte Rhabarberstücke als Deko
Zeitgleich mit dem Kompott bereite ich immer eine zweite „Rhabarber-Charge“ vor, die auf der Oberseite der Törtchen landen soll. Der Unterschied ist dabei, dass der Rahbarber in diesem Fall nicht klein geschnitten wird, sondern als Ganzes verbleibt um später möglichst ästhetisch auf dem Kuchen platziert werden zu können. Das bedeutet wiederum, dass es sinnvoll ist, die Stangen vor dem Backen zu schälen – mit dieser Methode entfernen wir einen großen Teil der Fasern, die sonst beim Essen stören würden. Auch backen wir die Deko-Stangen nicht ganz so lange, wie den für den Kompott bestimmten Rhabarber, da sie eine gewisse Festigkeit behalten sollten.
Die Stangen werden also nur auf die Länge der Ofenform gekürzt, geschält und 10 Minuten „mariniert“mit Zucker. Im Anschluß werden sie wie der Kompott-Ansatz bei 220°C Grill gebacken, allerdings schon nach etwa 25 bis 30 Minuten aus dem Ofen geholt. Wichtig ist dabei auch, die Stangen nicht zu stapeln, so können wir sie für das Dekorieren einzeln herausnehmen und passgenau für die Gewählte Form zurechtscheiden. Dannach werden sie vorsichtig auf der Oberfläche der Käsemasse platziert – wofür sie übrigens abgekühlt sein sollten. A propos Käsemasse:
Eine perfekt cremige Käsekuchenmasse
David hat ja sehr lange an der perfekten Käsekuchenmasse getüfftelt. Das Ziel war, einen Käsekuchen zu kreiieren, der ultra-cremig daherkommt und trotzdem noch genügen Festigkeit besitzt, um die 30 Sekunden stehen zu bleiben, die zwischen dem Servieren und dem vollständigen Verzehr des Kuchenstücks vergehen. Ausschlaggebend für diese Konsistenz sind folgende Aspekte:
- Mit 40%-igem Quark und Crème Fraîche für einen hohen Fettgehalt sorgen,
- Eine Puddingmasse auf Sahne und Maisstärke-Basis verwenden,
- Nur Eigelb nutzen,
- Backdauer und -Temperatur so ausrichten, dass besagtes Ei nicht stockt.
Wenn ihr die Hintergründe und Prinzipien im Detail nachlesen wollt, springt einfach rüber zu unserem Käsekuchen-Artikel. Im Rezept unten findet ihr aber auch eine Anleitung, die euch Schritt-für-Schritt durch alle Etapen führt.
Rhabarber-Käsekuchen anrichten und backen
Das Anrichten des Rhabarber-Käsekuchens ist denkbar einfach, da eigentlich nur alle Komponenten übereinander gestapelt werden. Ganz unten setzen wir eine Schicht ausgerollten Mürbteig ein. Dieser wird, wie die Käsemasse genau nach Rezept von David’s Käsekuchen zubereitet. Darauf häufen wir etwa 1 bis 2 Fingerbreit ausgekühltes Balsamico-Rhabarberkompott – gerne darf das auch unregelmässig verteilt werden, so bilden sich leckere Kompott-Nester. Darüber geben wir nun etwa 5cm hoch Käsemasse.
Der schwierigste Part ist wohl das Dekorieren mit den ausgekühlten Rhabarberstängeln: Ich bin dazu übergeganen sie einzeln zurechtzuschneiden und mit zwei Gabeln auf der Oberfläche der Käsemasse zu platzieren. Weil die Käsemasse ja noch recht flüssig ist, solltet ihr von allzu kreativen Mustern absehen, da kleinere Stückchen gerne mal in der Creme versinken.
Große und kleine Formen
Der Käsekuchen-Part unseres Rhabarber-Schmaus‘ haben wir hier, wie erwähnt, 1 zu 1 übernommen – mit der Ausnahme, dass wir sie als individuelle Törtchen backen, statt als ganzen Kuchen. Entsprechend reduziert sich die Backdauer ein wenig: Wir zielen auf eine Kerntemperatur von etwa 80°C ab, welche bei einem Durchmesser von 8cm und einer Ofentemperatur von 180°C Ober/Unterhitze in etwa 20 Minuten erreicht ist. Als Form verwende ich die großen Ringe aus diesem Set ofenfester Servier- und Backringe aus Edelstahl*. Ich platziere sie dann einfach auf einem mit Backpapier ausgelegtem Ofenblech und verfahre ansonten wie bei der „großen“ Variante. Für letztere könnt ihr einfach eine normale 22er Springform* verwenden und den Kuchen statt 20 Minuten 30 backen.
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Egal für welche Form ihr euch entscheidet, müsst ihr dem Kuchen oder den Küchlein nach dem Backen genügend Zeit geben, behutsam abzukühlen. Warum das so wichtig ist, habe ich herausgefunden, als ich einmal ungeduldig den Backring etwa 10 Minuten nach dem Backen abgezogen habe: Das gute Stück gab einfach der Schwerekraft nach und tauschte Höhe gegen Breite – anders gesagt, es quoll auseinander. Um ein solches Malheur zu vermeiden, belassen wir den Kuchen ganz brav etwa 30 Minuten im abgeschalteten und geöffneten Ofen und stellen ihn im Anschluss noch einmal für zumindest 3-4 Stunden in den Kühlschrank.
Vor dem Servieren karamellisiere ich übrigens ganz gerne noch die Oberfläche, indem ich etwas braunen Zucker darüber streue und diesen mit dem Flambierbrenner* karamellisiere. Glaubt mir, karamellisieren lohnt sich. Immer.
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Das Rezept für Käsekuchen mit Rhabarber-Balsamico-Kompott
Rhabarber-Käsekuchen in Perfektion
Zutaten
Zutaten für den Mürbteig
- 45 g kalte Butter
- 75 g Mehl
- 1 Eigelb
- 25 g Zucker
- 1 Prise Salz
Zutaten für den Rhabarberkompott
- 350 g Rhabarber
- 50 g brauner Zucker oder Moskovadozucker z. von Tate & Lyle*
- 1 EL Balsamico-Essig z.b. von Giuseppe Giusti*
Zutaten für die karamellisierten Rhabarberstangen
- 250 g Rhabarber
- 10 brauner Zucker
Zutaten für die Käsemasse
- 250 g Quark (40% Fett)
- 100 g Crème Fraîche
- 350 g Sahne
- 180 g Puderzucker
- 25 g Maisstärke
- 3 Eigelb
- Mark einer halben Vanilleschote (hier* Madagaskar-Vanille in Bio-Qualität bestellen)
- 1 Prise Salz
Weitere Zutaten
- Etwas brauner Zucker für's Karamellisieren der Oberfläche
Anleitungen
Mürbteig zubereiten
- Alle Teigzutaten zügig zu einem glatten Teig verarbeiten. Am besten klappt das mit einer Knetmaschine, mit den Händen sollte man zügig arbeiten, damit der Teig nicht zu weich wird. Anschließend schlagt ihr den Teig in ein Stück Frischhaltefolie ein und lasst ihn im Kühlschrank ruhen, bis ihr die Füllung vorbereitet habt. Ideal ist eine Stunde Ruhezeit für den Teig.
- Für das Anrichten, den Mürbteig mit der Teigwolle auf eine dicke von etwa 2mm ausrollen. Entsprechend der gewählten Form entweder einen Kreis mit 22cm Durchmesser ausschneiden oder aber 4 8cm-Kreise ausstechen. Letzteres macht ihr am besten direkt mit den Backringen auf dem Backpapier, das ihr später zum Backen verwendet, denn die Teigböden verziehen sich beim Bewegen gerne. Ggfs. sie in den Ringen noch einmal mit den Fingern zurecht drücken, so dass sie in dem Backring gut sbachließen da die Füllung ansonsten nach unten entweichen könnte.
Balsamico-Rhabarberkompott zubereiten
- 350g Rhabarberstangen waschen und in etwa 2cm lange Stücke schneiden und in eine ofenfeste Backform geben. 40g braunen Zucker oder Muskovado-Zucker daruntermischen und etwa 10 minuten Wasser ziehen lassen.
- Im Anschluss 1EL Balsamico-Essig daruntermischen und für zirka 45 Minuten in den auf 220°C Ober-Unterhitze vorgeheitzten Ofen schieben. Direkt dannach gut vermischen und in der Ofenform auskühlen lassen.
Karamellisierte Rhabarberstängel für die Deko zubereiten
- 250g Rhabarberstangen waschen, schählen und als Ganzes in eine Ofenform geben. Mit 10g braunen Zucker bestreuen und 10 Minuten ziehen lassen. Bei 220°C Ober-Unterhitze 30 Minuten backen. Im Anschluss in der Form auskühlen lassen.Tipp: Ich backe die Stangen und das Kompott immmer gleichzeitig um Zeit und Energie zu sparen. Ihr müsst die Stangen dann einfach nur 15 Minuten früher aus dem Ofen nehmen.
Käsekuchenmasse zubereiten
- Löst zunächst eure Maisstärke in einem kleinen Teil der Sahnemenge auf, damit sich die Stärke schon vorab etwas auflöst. Jetzt kocht ihr die gesamte restliche Sahne zusammen mit dem Zucker und dem Vanilleextrakt auf und gebt – sobald die Sahne kocht – die aufgerührte Maisstärke dazu. Dabei immer kräftig rühren, die Masse dickt dann sofort ein. Kurz beiseite stellen und leicht abkühlen lassen.
- In einer großen Schüssel den Quark, Creme Fraiche und den leicht abgekühlten Pudding glattrühren. Drei Eigelbe hinzufügen und ebenfalls mit der Masse vermengen.
Rhabarber-Käsekuchen anrichten
- – Eine Schicht dünn ausgerollten Mürbteig als unterste Schicht ausschneiden oder – stechen.– Darüber ein 1 bis 2 Finger dicke Schicht Rhabarberkompott unregelmässig verteilen.– Die Käsemasse darüber gießen.– die karamellisierten Rhabarberstangen zurechtschneiden und vorsichtig auf der Oberfläche platzieren.
Rhabarber-Käsekuchen backen und finalisieren
- Den Kuchen bei 180°C Ober/Unterhitze 30 Minuten, wenn ihr eine 22er Springform verwendet, 20 Minuten wenn ihr 8cm-Backringe nutzt.
- Im Anschlus etwa 30 Minuten im noch heißen und geöffneten Ofen abkühlen lassen, dannach für eine Nacht oder zumindest 3-4 Stunden im Kühlschrank vollkommen auskühlen lassen.
- Vor dem Servieren eine kleine Menge braunen Zucker auf die Oberfläche streuen und mit dem Flambiergerät karamellisieren.
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