Perfekte Pancakes: Saftig und fluffig zugleich

Pancakes haben mich lange Zeit vor ein kleines Dilemma gestellt. Wenn wir zu Hause kochen, sind Kompromisse meist keine Option. Wir wollen nah ans Optimum. Aber manchmal muss man sich entscheiden: Bei den kulinarischen Attributen „fluffig“ und „saftig“ zum Beispiel. Sie gelten oft als ähnlich erstrebenswert, sind aber schwer vereinbar. Kuchen sind ein gutes Beispiel: Entweder man zielt auf einen saftigen, dichten, feuchten Kuchen ab – oder man steht auf fluffige, wolkig leichte Kuchen. Ehrlich gesagt glaube ich, dass Fluffigkeit ein oft gedankenlos verwendetes Kulinarik-Buzzword ist, ohne echtes Qualitätsversprechen dahinter. Ich behaupte sogar: Im Direktvergleich bei Backwaren würden die saftigen Ergebnisse die fluffigen immer schlagen. Das Pancake-Rezept, das ich euch heute vorstellen will, ist jedoch ein verblüffender Spagat aus Saftigkeit und Fluffigkeit, den ich selbst nicht für möglich gehalten hätte. Wenn du direkt zum Rezept scrollen willst, klicke einfach oben auf „direkt zum Rezept“. Wenn du dich für die Food-Science dahinter interessierst, bleib‘ dran.

Inhaltsverzeichnis

Pancakes

Wie entsteht Saftigkeit?

Warum ist das eigentlich so? Warum schließen sich maximale Fluffigkeit und maximale Saftigkeit überhaupt aus? Ein saftiges Back-Ergebnis entsteht primär durch zwei Faktoren: Einerseits eine hohe Hydration des Teiges – sprich: ein hoher Wasseranteil. Zweiter Faktor: Die Menge an Fett. Fett kann man in Form von Butter, Milchprodukten, Nüssen oder Öl in einen Teig einarbeiten. Der Feuchtigkeitsgehalt wird immer über die Wassermenge gesteuert. Das „Problem“ an den Saftigkeits-Spendern Fett und Wasser ist: Sie sind schwere Zutaten – im wortwörtlichen Sinne. Diese Schwere steht einem fluffigen Ergebnis (fast) immer im Weg.

Wie entsteht Fluffigkeit?

Fluffigkeit entsteht meist durch Trieb, also durch chemische Prozesse (Backpulver, Natron) oder biologische Stoffwechselprozesse (Hefe). Dabei bilden sich Gase im Teig, die Luftkammern innerhalb des Teig-Konglomerats bilden. Wirkt anschließend Hitze auf den Teig ein, dehnt sich die warme Luft im Teig aus, während sich das Glutengerüst des Teigs drumherum festigt. Das Ergebnis ist ein Backwerk, das viele Lufteinschlüsse beinhaltet und dadurch als „fluffig“ wahrgenommen wird. Das Extrembeispiel sind Billig-Brötchen, die ultra-leicht sind und bei denen man beim Essen das Gefühl hat, in ein Luftkissen zu beißen. Viel Weißmehl, viel Triebmittel, wenig Wasser – das ist das Rezept für maximale Fluffigkeit. Spaß macht das nicht. Den Trieb eines Teigs sollte man also bewusst dosieren.

Zurück zum „Problem“. Damit sich Luftblasen bilden können, muss der Trieb so stark sein, dass die Gase in der Lage sind, die restlichen Zutaten zu heben, also zu verdrängen. Das klappt aber nur bis zu einem bestimmten Punkt der Hydration. Irgendwann wird ein Teig zu schwer (flüssig, wässrig, fett), sodass sich darin kein starker Trieb mehr entwickeln kann. Das gebackene Ergebnis enthält dann nur wenige bis keine Luftblasen und wirkt ein wenig wie roh und ungebacken. Das kann sehr lecker sein. Schlaraffenwelt-Leser kennen das Prinzip vom Carrot Cake. Bei solchen Kuchen kommen meist auch nur kleine Mengen an Triebmittel zum Einsatz, die lediglich dazu dienen, den Teig ein wenig zu lockern – ein Aufblähen ist aufgrund der Schwere nicht möglich.

Was eine weitere Rolle spielt und hier nicht unerwähnt bleiben sollte: Nur wenn sich genügend Gluten (klassisch in Form von Weißmehl) im Teig befindet, kann sich ein Gerüst bilden, dass so stabil ist, dass sich darin Luftblasen bilden und halten können. Wenn der Großteil des Teigs aus Nüssen, Fetten, Wasser und Mineralstoffen (Vollkornmehl) besteht, kann erst gar kein Auffangnetz für Gase im Teig entstehen. So ist auch die Menge des Glutens im Teig eine relevante Stellschraube, um den Teig von Anfang an in Richtung fluffig oder saftig auszurichten.

Merken wir uns also folgende Grundregeln

  1. Je mehr Flüssigkeit und Fett im Teig, desto saftiger das Ergebnis – je trockener und fester ein Teig, desto luftiger (trockener) die Backware
  2. Je mehr Triebmittel im Teig ist, desto stärker bläht er sich auf und desto luftiger/trockener wird das Ergebnis. Ein niedrige Dosierung von Triebmittel führt zu dichten, feuchten Ergebnissen
  3. Je mehr Weißmehl (Gluten) ein Teig enthält, desto mehr Lufteinschlüsse können sich bilden. Je mehr glutenfreie Zutaten zum Einsatz kommen, desto feuchter/saftiger wird das Ergebnis
Pancakes

Die perfekten Pancakes

Meinen Anspruch an einen perfekten Pancake würde ich so formulieren:

  • saftig, an einen richtig guten Sandkuchen erinnernd
  • trotzdem nicht speckig und teigig, sondern mindestens zu 1/2 cm Dicke aufgegangen
  • goldbraun mit leichter Kruste an den Ecken
  • ein aromatischens Spannungsfeld aus leichter Süße, einem Hauch Salz und etwas laktischer Säure

Der Weg zum optimalen Pancake-Rezept

Wenn es um Basisrezepte mit Perfektionsanspruch geht, führt bei mir kein Weg an einem Buch vorbei: „The Food Lab“ von J. Kenji López-Alt*. Er ist das Masterbrain hinter Serious Eats. Dieser Mann hat sein Leben der Erforschung perfekter Rezepte gewidmet – ein großes Glück für Menschen wie mich. So kann ich mir die Laboraufbauten in meiner Küche sparen und meine Tests direkt auf die Erkenntnisse aus dem Food Lab aufbauen.

J. Kenji López-Alt widmet dem Thema Pancakes etwa 10 Seiten seines knapp 1000 Seiten starken Standardweks. Und diese Zeilen sind so etwas wie der Masterplan zu den perfekten Pancakes. Ganz nebenbei entschlüsseln sie den Code, um – zumindest bei Pancakes – den Widerspruch zwischen fluffig und saftig aufzuheben und ein gleichermaßen feuchtes und luftiges Innenleben zu erschaffen. Die Geheimzutaten dafür sind steif geschlagenes Eiweiß, Backpulver, Natron, Buttermilch und Sauerrahm. Die Rolle dieser Zutaten schauen wir uns einmal im Detail an.

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Die Wirkungsweise von Backpulver und Natron verstehen

Warum verwenden wir für Pancakes überhaupt Chemie in Form von Backpulver oder Natron und keine natürliche Hefe? Am Ende sind es zwei Gründe: Ganz pragmatisch: Es geht viel schneller, man kann Pancakes mit chemischen Triebmitteln also spontan zubereiten, ohne Vorlauf. Bis sich ein Trieb durch Hefe-Stoffwechsel entwickelt, geht einige Zeit ins Land. Weiterer negativer Nebeneffekt: In dieser Wartezeit bildet sich ein Glutengerüst aus, das den Teig so stabil macht, dass er beim Backen in der Pfanne sehr fest und brotartig würde und nicht die zart-brüchige Konsistenz eines Pancakes erzielen würde.

Wir verwenden also ein chemisches Triebmittel. In diesem Fall zunächst Natron. Der Unterschied zwischen Natron und Backpulver ist folgender: Natron braucht immer eine Säure, um die chemische Reaktion der Gasentwicklung auszulösen. Bei Backpulver werden Natron und eine Säure in einem Päckchen bereits vermischt. Die Säure entfaltet bei Wasserkontakt ihre Wirkung und triggert so den Trieb des Natrons. Kurzum: Backpulver kann man als Triebmittel verwenden, ohne dass der Teil selbst Säure enthält. Natron – alleine eingesetzt – braucht eine zusätzliche „externe“ Säure im Teig. Um das schonmal vorwegzunehmen: In unserem Rezept ist das die Buttermilch. Das Natron neutralisiert diese Säure unter Blasenbildung. So haben wir Trieb und keinen sauren Teig. Eine schöne Win-Win Situation.

Pancakes

Warum entscheidet sich López-Alt in seinem Rezept für Natron?

Wer jetzt noch mitdenkt wird sagen: Da hätte man ja auch einfach NUR Backpulver verwenden können, um den selben Effekt zu erzielen. Stimmt nicht ganz:

Das Backpulver reagiert mit der perfekt dosierten Säure aus dem Päckchen und erzeugt eine Art Basis-Trieb. Das Natron reagiert mit der Buttermilch-Säure und neutralisiert sie, was ebenfalls etwas Trieb erzeugt. Je höher man nun den Natron-Anteil dosiert, desto mehr Natron bleibt „übrig“, weil irgendwann die gesamte Säure neutralisiert ist. Dann entsteht ein basischer Teig (Natron = basisch = Gegenteil von sauer). Und jetzt kommt’s: Je basischer der Teig ist, desto besser bräunt er. López-Alt beschreibt, wie er sich langsam von 1/8 Teelöffel Natron bis auf 1/2 Teelöffel herangetastet hat und dabei die Bräungseigenschaften beim Backen in der Pfanne beobachtete. Die Bilder im Buch demonstrieren eindrucksvoll: Eine ideale Maillard-Reaktion wird erst bei der im Rezept festgehaltenen Natron-Dosierung erreicht. So landen im finalen Rezept sowohl Backpulver als auch Natron. Ich habe lange gebraucht, um seinen Gedanken in diesem Abschnitt zu folgen – aber am Ende ergab alles Sinn. Also vertraut mir ihm einfach.

Entscheidend für gute Pancakes: Die Reaktionsgeschwindigkeit von Natron

Ein ganz entscheidender Faktor, den ich immer unterschätzt habe ist die Reaktionsgeschwindigkeit von Natron bzw. Backpulver bei Kontakt mit säurehaltiger Flüssigkeit. Sie ist extrem hoch – der Trieb entsteht also sofort: Das bedeutet: In den ersten 30 Minuten nach dem Mischen der trockenen und nassen Zutaten sind die Eigenschaften des Pancake-Teigs perfekt. Später ist die Wirkung des Natrons verpufft. Es ergibt deshalb keinen Sinn, diesen Pancakes-Teig aufzubewahren oder vorzubereiten. Er funktioniert nur frisch und sofort verarbeitet. Man kann aber die trockene Basismischung aus Mehl, Salz, Zucker, Natron und Backpulver problemlos in größeren Mengen abfüllen und am Tag der Zubereitung mit den nassen Zutaten mischen.

Wenn ihr den Teig mischt, werdet ihr merken: Das ist ein sehr nasser Teig. Und analog zur Einführung oben, wird dieser Teig saftig, aber kaum luftig. Das Natron kann in dieser Konstellation lediglich auflockern, aber nicht richtig anheben. Es ist auch in erster Linie als Bräunungs-Beschleuniger zu betrachten. Die luftigen Einschlüsse entstehen durch Eischnee. Steif geschlagener Eischnee bindet Hundertausende kleiner Luftbläschen. Wenn man ihn vorsichtig unter den nassen Teig hebt, bleiben viele dieser Bläschen intakt und bilden später beim Ausbacken ein stabiles Gerüst winziger Luft-Zellen, die sich leicht ausdehnen. Das ist ein völlig anderer Effekt als bei riesigen Hefegärungs-Kammern, die große Luftblasen bilden, die regelrechte Hohlräume im Gebäck erzeugen. Der Eischnee-Trick ist richtig gut und sorgt für die ideale Dosis an Fluffigkeit – trotz des nassen Teigs. Wir arbeiten die Luft dadurch manuell im Eischnee gebunden unter und warten nicht, bis sie durch eine Reaktion im Teig entsteht. Smart move!

Warum Butter in den Pancakes-Teig?

Die geschmolzene Butter sorgt als „Schmierstoff“ dafür, dass sich in der Zeit zwischen Rühren und Backen kein Glutennetz ausbilden kann und erzeugt damit die gewünschte kuchige Teigstruktur beim Backen. Außerdem sorgt sie für einen Zugewinn an Saftigkeit und „Richness“, wie der Amerikaner sagt. Pro-Tipp: Die Butter zuvor leicht bräunen und abkühlen lassen und dadurch noch einen leichten Karamellgeschmack erzeugen.

So – genug Food-Science für heute: Wer so weit gelesen und mitgedacht hat, wird es hoffentlich nicht erwarten können, dieses Wissen nun in richtig gute Pancakes fließen zu lassen. Ihr werdet verblüfft sein! Saftige, fluffige Pancakes, die trotz des hohen Gehalts an Buttermilch und Sauerrahm in keiner Weise sauer schmecken, sondern intensiv kuchig und buttrig. Viel Freude beim Ausprobieren!


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Das Rezept

Die perfekten Pancakes: Saftig UND fluffig

Die Kombination von der Pancake-Fans träumen: Saftige und fluffige Pancakes. Mit diesem Rezept klappt das garantiert.
4.80 von 34 Bewertungen
Gericht Pancakes
Küche Amerikanisch

Kochutensilien

  • Pfanne
  • Schüssel
  • Schneebesen

Zutaten
  

Die Trockenmischung

  • 270 Gramm Mehl Type 405
  • 1 TL Backpulver
  • 1/2 TL Natron
  • 1 TL Salz
  • 1 EL Zucker

Die nassen Zutaten

  • 2 Eier (L), getrennt
  • 360 ml Buttermilch
  • 240 g Sauerrahm
  • 4 EL Butter (ungesalzen)
  • Öl oder Butter zum Ausbacken
  • Ahornsirup, Puderzucker und Beeren zum Anrichten

Anleitungen
 

  • Die trockenen Zutaten in einer großen Schüssel vermengen.
  • Die Eiweiße steif schlagen, sodass die Spitzen steif stehen bleiben. In einer weiteren Schüssel Eigelbe, Buttermilch und Sauerrahm zu einer homogenen Masse verrühren. Anschließend die braune Butter unter Rühren einarbeiten. Zuletzt das geschlagene Eiweiß vorsichtig unterheben – am besten mit einem Spatel. Nicht mehr kräftig rühren, um nicht die Luftblasen zu zerstören.
  • Die nassen Zutaten über die trockene Masse geben und vorsichtig vermengen. Es dürfen ruhig kleine Klumpen übrig bleiben – sie verschwinden beim Backen. Diesen Teig nun direkt verarbeiten.
  • Etwas Öl oder Butter in einer Pfanne bei mittlerer Hitze (6/10) schmelzen und pro Pancake etwa 80 Gramm Teig in die Pfanne geben. Sobald an der Oberfläche kleine Blasen auftauchen, die Pancakes wenden. Von beiden Seiten sollte das ungefähr zwei Minuten dauern. Pancakes auf einem Rost im Ofen warmhalten oder direkt servieren. Mit Ahornsirup beträufeln und mit Beeren und Puderzucker dekorieren.
Keyword American Pancakes, Pancakes
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J.K.
2 Jahre zuvor

Richtig gut geschrieben!
Bei so einer Perfektion sollte man aber keinen Raum für Interpretationen lassen,
deswegen die Frage: TL und EL, gestrichen oder gehäuft?
Sobald ich die Antwort habe, werde die Pancakes sicher ausprobieren.
Danke.

Moritz
1 Jahr zuvor

Hammergeil! Als promovierter Lebensmitteltechnologe war ich zugegebenermaßen etwas skeptisch als ich „Food Sience“ im ersten Absatz gelesen habe. Dann wurde mein Grinsen beim Lesen aber immer breiter und breiter. Großartiger Artikel und IMO alles korrekt erklärt und hergeleitet!

Warum nur habe ich eure Seite erst jetzt entdeckt? 🙂 Weiter so! Ihr habt einen neuen Leser gewonnen 🙂

Cheers,
Moritz

Terese Tönnies
Admin
Reply to  Moritz
1 Jahr zuvor

Lieber Moritz, dieses Kompliment bedeutet uns sehr, sehr viel, Danke!

Viele Liebe Grüße, Terese & David