Als absolute Pilz-Nerds ist der Herbst bei uns natürlich eine herbeigesehnte Jahreszeit. Entsprechend oft verbringen wir am Wochende etliche Stunden im Wald und suchen nach unserer nächsten Mahlzeit. Pilzesammeln hat etwas von einer Schatzsuche: Wir können vorher nie sicher sein, mit einem gefüllten Körbchen nach Hause zu fahren. Auch welche Pilze an jenem Tag in genau diesem Waldstück wachsen könnten, ist nur grob anhand der Saison und der Art der Bewaldung abzuschätzen. Dieses Mal waren wir dorthin aufgebrochen, wo wir im Sommer zum ersten Mal üppig Pfifferlinge gefunden hatten – für die ist es aber Mitte Oktober fast schon zu spät und wir starteten ohne große Erwartungen ins Unterholz. Umso größer war unsere Freude, als tatsächlich reichlich Pfifferlinge zwischen den braunen Blättern gold-gelb durchleuchteten. Noch erfreulicher war jedoch ein anderer Schatz, die krause Kraterelle, die wir trotz einiger Jahre Erfahrung bisher weder auf dem Schirm, geschweige denn dem Teller hatten. Und genau dort macht sich dieser tolle Herbstpilz ganz besonders gut, finden wir!
Inhaltsverzeichnis
Unbekannte Pilze bestimmen
Krause was? höre ich euch fragen. Nun ja, ich selbst hatte den Namen bis vor ein paar Tagen auch noch nie gehört. Fakt ist, dass David und ich zeitgleich ein paar Meter voneinander stehenblieben und die krausen grauen Büschel begutachteten, die dort schüchtern zwischen dem Laub hervor lugten. Dass es sich dabei weder um etwas zu hell geratene Herbstrompeten, noch um monochromatische Trompetenpfifferlinge handelte, war uns schnell klar. Weil die unbekannten Pilze aber diesen Delikatessen doch in vieler Hinsicht sehr ähnlich sehen, war auch klar: Hier muss nachgeforscht werden.
Wie aber einen völlig unbekannten Pilz identifizieren? Da wir eigentlich immer kulinarisch motiviert sind (Unser Leitmotiv heißt: kann man das essen und schmeckt es gut?) sind wir natürlich auch auf eine maximal sichere Bestimmung bedacht. Unsere Vorgehensweise sieht dann folgendermaßen aus:
Mögliche Kandidaten suchen
Für diesen ersten Schritt hält bei uns immer Google her: Teilweise geben wir einfach bestimmte, gut erkennbare Merkmale ein (in diesem Fall z.B. „Leisten“ und „grau“) oder laden ein gutes Bild in die Rückwärtssuche von Google Fotos hoch. Anschließend schauen wir die Bilder durch und suchen die raus, die unserem Exemplar ähnlich sehen. So bekommen wir eine erste Einschätzung, welche Pilzarten in Frage kommen. Bei unserem neuen Fund waren wir auf diese Weise schnell auf der Spur der Kraterellen, auch Leistlinge genannt.
Auch Facebook-Pilzesammler-Gruppen können für eine erste Zuordnung sehr gut funktionieren: Zwar sollte eine solche Online-Bestimmung NIEMALS als 100-prozentig sichere Angabe, geschweige denn als Essensfreigabe verstanden werden. Dennoch tummeln sich dort oft sehr reaktionsfreudige und erfahrene Gleichgesinnte, die einem zumindest Anhaltspunkte für die weitere Recherche an die Hand geben können.
Merkmale durchgehen.
Der nächste Schritt in Richtung Identifizierung besteht dann darin, die Merkmale der möglichen Kandidaten im Detail durchzugehen. Ganz wichtig ist dabei auch der Hinweis auf giftige/ungenießbare Doppelgänger: Sind diese sehr ähnlich, wachsen im selben Umfeld und zur gleichen Saison, ist es gegebenenfalls besser, den Pilz bis auf’s weitere nicht mit auf den Speiseplan zu nehmen. Für diesen Schritt orientieren wir uns gerne an bewährten Portalen wie z.B. 123pilzsuche.de oder natürlich guten Bestimmungsbüchern. Für den Einstieg in die Welt der Pilze empfehlen wir dieses Pilz-Bestimmungsbuch*, ihr könnt es bequem mit in den Wald nehmen.
Dieses tolle Buch von Andreas Gminder* ist auch absolut empfehlenswert, da es zusätzlich zu den Beschreibungen auch Rezeptinspiration bietet!
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Unsere initialen Recherchen zufolge hatten wir es nun mit der krausen Kraterelle zu tun. Das Gute daran: Die aufgeführten Doppelgänger Herbstrompete, graue Kraterelle und Trompetenpfifferling sind allesamt hervoragende Speisepilze und dürfen sich meines Erachtens sehr gerne in das Körbchen schmuggeln. Einzig der Kohlenleistling mit seinem deutlich glatterenn Hut gilt als ungenießbar – das bedeutet in diesem Fall jedoch nichts weiter, als dass er kulinarische nicht wertvoll ist – die Textur wird als sehr zäh und das Fleisch als geschmacklos beschrieben.
Begrifflichkeiten verstehen: Essbar vs. ungenießbar vs. giftig
An dieser Stelle vielleicht noch einmal eine kurze Einordung zu den Begrifflichkeiten und wie diese zu verstehen sind. Als Essbar gelten alle Pilze, deren Verzehr in normalen Mengen und in frischem Zustand keinerlei gesundheitliche Risiken mit sich bringen und die darüber hinaus als wohlschmeckend eingeordnet werden können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass viele Pilze im rohen Zustand nicht essbar sind und es ein ausreichend langes Erhitzen braucht, um bestimmte Stoffe zu zersetzen, die ansonsten Übelkeit oder Bauchschmerzen verursachen können. Manche Sorten wie der Schwefelporling (Chicken of the Woods) oder auch die Birkenrotkappe sollten zum Beispiel immer zumindest 15 bis 20 Minuten gekocht oder scharf gebraten werden. Entsprechend solltet ihr auch bei Speisepilzen jedes Mal kurz überprüfen, welche Zubereitungsarten empfohlen werden. Wie immer: Nur essen, was ihr mit absoluter Sicherheit identifiziert (oder bestimmen lassen) habt und wovon ihr wisst, wie es zubereitet werden sollte.
Im Gegensatz zu den essbaren Pilzen, werden solche als ungenießbar eingestuft, die zwar theoretisch essbar wären, bei denen jedoch aufgrund der Textur (z.B. zu hart oder fest) oder des Geschmacks besser davon abzusehen ist. Ein prominentes Beispiel ist der Gallenröhrling, ein optisch wunderschöner, dem Steinpilz nicht unähnlicher Pilz, der jedoch leider soviele Bittersstoffe enthällt, dass auch kleine Mengen jede Mischpilzpfanne zum Wegwerfen vedammen. Genau wie viele rettich-artig scharfe Täublinge ist der Gallenröhrling nicht giftig, vermeiden möchten wir ihn trotzdem. Um jeden Preis vermieden werden sollten aber natürlich ALLE als als giftig eingestufte Pilze, das versteht sich von selbst. Sie können Übelkeit, Schwindel oder Organschäden verursachen, einige sind tödlich.
Eine weitere wissenswerte Information ist die Tatsache, dass Pilzvergiftungen nicht immer von Giftpilzen herrühren. Tatsächlich ist das Pilzprotein sehr fragil und zu alte, falsch oder zu lange gelagerte Pilze können zu schweren Lebensmittelvergiftungen führen. Aus diesem Grund sollte immer darauf geachtet werden, nur offenssichtlich junge und frische Pilze zu verzehren. Abhängig von der Pilzart, sind festes, beim Anfassen sich nicht lösendes Fleisch und ein angenehmer Geruch ein erster Anhaltspunkt auf Frische. Auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Mykologie findet ihr Anweisungen, wie im Verdachtsfall einer Pilzvergitung vorzugehen ist.
Durch Experten bestätigen lassen
Auch routinierte Pilzesammler sollten immer zu 100% sicherstellen, dass ihr Fund – vor allem, wenn es sich um „neue“ Arten handelt – tatsächlich richtig identifiziert wurde. Wir vertrauen in dieser Hinsicht z.B. auf die Pilzexpertin Nadja, die sowohl Kurse als auch Bestimmungsunterschtützung anbietet. Wie empfehlen jedem, die Pilzberatungspunkte in seiner oder ihrer Gegend rauszusuchen und vor allem die Experten dort anzusprechen – sicher ist sicher!
Merkmale und Vorkommen der krausen Kraterelle
Nun aber zu unserer krausen Kraterelle, die auch unter den Namen vollstieliger, krauser oder verbogener Leistling aufgeführt wird. Wie seine oben erwähnten Verwandten, ist dieser Herbstpilz ein toller Speisepilz, dem ihr eher nicht beim Gemüsehändler um die Ecke begegnen werdet – für uns natürlich noch ein Grund mehr zur Freude! Äußerlich erinnert die ausgewachsene krause Kraterelle wohl am meisten an den Trompetenpfifferling, jedoch ohne dessen markante gelbe Farbabgrenzung des Stiels. Unsere Kraterellen sind durch und durch grau mit einem leichten gelb-braunen Schimmer. Die jungen Exemplare sind im Gegensatz zu den Trompetenpfifferlingen recht kraus – ihren Namen tragen sie wirklich zurecht! Größere Exemplare sind dunkler und wirken trotz festem Fleisch teilweise ordentlich zerzaust.
Klar erkennbar sind dabei die Leisten an der Aussenseite – ich meine hier das, was eigentlich die Unterseite des Hutes ist, der jedoch im Falle der Kraterelle vehement gen Himmel strebt. Der Stiel ist fest, unregelmäßig und stämmig. Der Geruch der krausen Kraterelle lässt sich nicht anders erdig-modrig beschreiben – jedoch ganz klar im positiven Sinne! Die Pilze riechen wie eine Handvoll guter, leicht feuchter Waldboden: Etwas modrig, pilzig und voll.
Zu finden ist die krause Kraterelle als typischer Laub- oder Mischwald-Herbstpilz nur schwer: Die einzelnen Fruchtkörper wachsen in einer Art Familienverbund dicht am Boden und ähneln in Farbe und Aussehen sehr dem verwesenden Herbstlaub. Einmal gesichtet, lohnt es sich in die Knie zu gehen und das Umfeld aus dieser Perspektive zu begutachten: Oft wachsen in den umliegenden Metern eine ganz Menge weitere kleine Familien, die von oben fast nicht erkennbar sind.
So schmeckt die krause Kraterelle
Nachdem wir nun aufwendig festgestellt hatten, dass wir es mit einem Speisepilz zu tun haben, ging es der krausen Kraterelle an den Kragen. Bei neuen Pilzen bedeutet das bei uns meist, dass wir sie kurz mit einer Mischung aus Salz und Zucker aktivieren (3 Teile Salz, 1 Teil Zucker, gut mischen und 5 Minuten ruhen lassen) und im Anschluss mit genügend Öl heiß anbraten. So simpel dieses „Rezept“ klingt: Es bringt unserer Erfahrung nach die Eigenaromen eines Pilzes bestens zur Geltung und wir können unverfälscht einschätzen, ob uns der Neuling kulinarisch zusagt. Und was was soll ich sagen? Er tut es (uns zusagen), sehr sogar.
Wer schon einmal Herbsttrompeten (auch als Totentrompeten bekannt) probiert hat, kennt deren intensives, Umami-reiches Aroma. Die krause Kraterelle schmeckt sehr ähnlich und doch ganz eigen. So verwunderlich es klingen mag, aber die erdig-modrigen, sehr pilzigen Noten im Geruch finden sich auch geschmacklich wieder – ich betone: Im positivsten Sinne. Für mich persönlich ist die krause Kraterelle definitiv ein kulinarisches Highlight und meines Erachtens den Pfifferlingen und Trompetenpfifferlingen geschmacklich vorzuziehen.
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Krause Kraterelle zubereiten
Krause Kraterelle mit Miso und Sojasauce gebraten
Zutaten
- 300 g frische krause Kraterellen (Alternativ können auch Herbstrompeten oder Trompetenpfifferlinge verwendet werden)
- 1 Knoblauchzehe
- 1 TL Miso (am besten Shinjyo Miso*)
- 1 Schuss Sojasauce (z.B. von Kishibori Shoyu*)
- 1 Nocke Butter
- 3 Prisen Speisesalz
- 1 Prise Zucker
- etwas Öl zum Anbraten
Anleitungen
Krause Kraterelle aktivieren
- Die krause Kraterellen putzen und größere Exemplare halbieren.
- Zusammen mit Salz und Zucker (Verhältnis 3:1) in eine Schüssel geben und gut durchmischen. Etwa 5 Minuten ruhen lassen (Die Pilze ziehen etwas Wasser und haben Zeit, Salz und Zucker aufzunehmen)
Krause Kraterelle zubereiten
- Ein Schuss Öl in der Pfanne erhitzen (am besten eine Gusseisenpfanne verwenden da sie besodners gut Hitze leiten).
- Pilze in die Pfanne geben und auf höchster Stufe scharf anbraten. Da Pilze viel Wasser enthalten, braucht es eine Weile, bis genügend verdampft ist und sie braun und leicht kross werden können. Deshalb sollten sie wenig gerührt und erst nach ein paar Minuten gewendet werden.
- Sobald die Pilze schöne braune Stellen aufweisen, die Hitze reduzieren und Butter, Miso sowie die geviertelte Knoblauchzehe hinzugeben.
- Nach weiteren 2 bis 3 Minuten den Herd abschalten und einen Schuss gute Sojasauce hinzugeben (Sojasauce verbrennt schnell, deshalb sollte sie erst ganz zum Schluss hinzugefügt werden). Vor dem Servieren sollten der Knoblauch entfernt werden.
Krause Kraterelle servieren
- Die gerösteten Pilze passen hervorragend zu einem Kürbispüree (z.B. dieses), als Beilage zu cremiger Polenta, auf einen bunten Salat oder auch auf frisches, leicht getoastetes Sauerteigbot (dazu natürlich der Verweis auf unseren Klassiker aus dem Gusseisentopf).Guten Appetit!
Weitere nicht alltägliche Pilze
Als begeisterte Pilzesammler haben wir in den letzten Jahr das Glück gehabt, uns noch durch weitere nicht ganz alltägliche Pilze probieren zu können:
- Der Semmelstoppelpilz: Ein wunderbarer „Anfängerpilz“, der noch dazu hervorragend schmeckt. Mehr dazu findet ihr hier.
- Der Trompetenpfifferling: Dieser tolle Speisepilz hat ziemlich genau mit der Krausen Glucke Saison und ihr solltet ihn euch nicht entgehen lassen. Hier geht es zu unserem Artikel zum Thema Sammeln, Erkennen und Zubereiten des Trompetenpfifferlings.
- Das Hexenei der Stinkmorchel: Eher eine Kuriosität als wirklich für eine Mahlzeit geeignet, da man die „Eier“ nur schwer findet und der essbare Teil sehr klein ist. Aber begeisterte Pilzesammler sollten es auf jeden Fall probieren! Mehr dazu hier.
- Der Riesenbovist: Ein wortwörtlich grandioser Speisepilz, mehr dazu hier.
- Die krause Glucke: Ein einzigartiger, jedoch seltener Speisepilz, mehr dazu hier.
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