Crowdbutching im Test: Ich kauf‘ mir eine Kuh für 100 Euro

Dass man im digitalen Zeitalter meist günstiger fährt, wenn man sich mit Gleichgesinnten zusammentut und im Team investiert, hat sich mittlerweile herumgesprochen. An jeder Ecke crowdfundet jemand sein nächstes Projekt, denn alleine wär’s einfach zu teuer. Dieses Prinzip hat viele Erfolgsgeschichten geschrieben – nur konsequent, dass das Modell Crowd+X nun weitergesponnen wird. Nun auch bei der Kuh, beim COw-Sharing. Dabei geht es im Kern immer um einen zentralen Gedanken: Kleine Erzeuger sollen unterstützt und Tiere ganzheitelich verwertet werden. Vorreiter dieser Philosophie ist Fleischglück.de mit dem Fleischglück-Marktplatz. (Ich bin selbst Teil des Gründerteams). Hier kann man Fleisch bei kleinen, regionalen Erzeugern bestellen – Angeboten werden Cuts von Filet über Roastbeef bis hin zu völlig unbekannten Stücken. Das Ziel: Die Wertschätzung von Fleisch steigern und jedes Teil am Tier möglichst perfekt zu veredeln. –> Zum Fleischglück-Marktplatz.

Was steckt hinter dem Konzept des Crowdbutching?

Nun aber zum Konzept des „Crowdbutching“ – eine Idee, die man auf dem Land schon lange kennt, allerdings in analoger Form. Der Bauer plant die Schlachtung und startet einen Rundruf – die Leute aus dem Dorf kommen und holen sich ihr Fleisch. Leider kennt aber nunmal nicht jeder einen Bauern mit Vieh, geschweige denn ist immer bekannt, wann wieder Schlachttag ist. Genau auf diese Menschen, die nicht auf klassisch ländliche Infrastrukturen zurückgreifen können, ist das Konzept des Crowdbutching ausgelegt. Die Idee ist simpel: Online wird eine Schlachtkuh ausgeschrieben und anschließend werden Frischfleisch-Interessenten gesammelt, bis genügend gefunden sind, so dass es sich tatsächlich auch lohnt, diese Kuh zu schlachten und zu zerlegen. Dann bekommen alle Interessenten ein Stück von jedem Teil der Kuh ab. Das ist konsequent nachhaltig, man hat allerdings keine Wahl der Cuts, sonder erhält ein „standardisiertes Paket“,

Kaufnekuh im Überblick

Yvo van Rijen hat Kaufnekuh.de gegründet. Im Imagefilm verspricht er „ehrliches und zurückverfolgbares Fleisch,“ während er inmitten einer Kuhweide steht. Damit zielt Kaufnekuh auf exakt jenes Bedürfnis ab, das in den vergangenen Jahren, befeuert durch Dutzende Fleischskandale, immer stärker gewachsen ist: Eine steigende Zahl an Konsumenten will wissen, wo ihr Fleisch herkommt. Immer mehr Menschen legen Wert darauf, Fleisch von Tieren zu konsumieren, die ein Leben in Tierwürde genießen konnten und kerngesund (sprich: ohne Antibiotika) auf der Schlachtbank landen.

Kaufnekuh.de verspricht, „ehrliches“ Fleisch zu liefern. Dazu heißt es in den FAQs: „Die Kühe kaufen wir von kleinen, familiengeführten Bauernhöfen in Baden Württemberg und Bayern. Die Tiere werden in einem kleinen Schachthof in Baden Württemberg geschlachtet – mit viel Respekt vor dem Tier und mit Liebe zum Fach.“ Untermauert wird dieser Anspruch durch die Ohrmarken-Nummer und der Rassenbezeichnung der aktuell augeschriebenen Schlachtkuh. Beides soll das Gefühl der Rückverfolgbarkeit suggerieren. Man kauft hier keine anonyme Kuh, sondern das Fleckvieh mit der Nummer 3062 aus Ravensburg. Überprüfen lässt sich das natürlich nicht ohne weiteres – da muss man letztlich auf die Aufrichtigkeit von Kaufnekuh.de vertrauen.

Der aktuelle Stand des Schlachtungs-Crowdfunding wird regelmäßig auf der Startseite aktualisiert. Sobald 35 Interessenten gefunden sind, wird die Kuh geschlachtet. Das erfährt jeder Crowdbutcher per Mail. „Ihre Kuh wird nun geschlachtet“ heißt es dort und gleichzeitig erfährt man auch den groben Lieferzeitraum des Fleischpakets, das man erwartet. Ab Schlachtung dauert es noch ca. 2,5 Wochen bis zur Lieferung, denn das Fleisch muss natürlich noch in die Reifekammer. Dann geht ein extrem vielfältiges Paket auf die Reise, das unterschiedlichste Teile des Tiers enthält, in Form von Filet, Steaks, Hackfleisch, Braten, Hamburger-Patties und Würsten – alles seperat vakuumiert. Ein großes Paket (7,2 Kilo) kostet 100 Euro, ein kleines 50 (3,6 Kilo). (Stand: 2016) Das entspricht einem Kilopreis von knapp 14 Euro. Für Steaks ist das sehr günstig, für Bratenstücke eher teuer, doch im Durchschnitt liegt man etwa auf Discounter-Niveau. Das gute Gewissen gibt’s quasi gratis obendrauf.

Hier geht’s zur Website von Kaufnekuh.de

Getestet habe ich bislang die Filetsteaks und das Hackfleisch. Das Hackfleisch schmeckte intensiv und verlor wenig Flüssigkeit – ein gutes Zeichen. Die Filetsteaks lassen sich am besten mit dem eigens propagierten Begriff „ehrliches Fleisch“ umschreiben. Ich habe sie sous-vide gegart, um keinesfalls Qualität zu verschenken. Definitiv nicht das zarteste Fleisch, das ich jemals gegessen habe, dennoch solide Qualität: Saftig, mild-würzig und ohne die saure Note, die ich an Discounter-Fleisch so sehr hasse. In meinem Gefrierfach wartet nun eine Riesen-Ration Fleisch, die darauf wartet, konsumiert zu werden. Ein Vorrat, der in einem Zwei-Personen-Haushalt locker für drei Monate ausreicht. Der Nachteil: Dabei sind auch große Mengen an Bratenstücken, die ich selten verwende. Sie belegen nun Platz in meiner Gefriertruhe. Andererseits ist das gelebte Nachhaltigkeit – auch Stücke abseits von Filet & Co zu verwerten.

Daher weise ich an dieser Stelle noch einmal auf mein eigenes Projekt hin, den Fleischglück-Marktplatz: Unser Anspruch an Qualität, Nachhaltigkeit und Tierwohl ist extrem hoch: „Wir ehren Fleisch und Tier“ ist unser Slogan. Allerdings bieten wir alle Teile des Tiers einzeln an – man kauft also genau das, was man will, ohne ungewollte „Beikäufe“. Und wir sehen: Unsere Kunden kaufen von selbst vermehrt Stücke abseits der Edelteile. Der absolute Renner aktuell: Die Short-Ribs vom Wagyu.

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Micha
8 Jahre zuvor

Hallo,
Ich habe mir so ein Paket gekauft. Und nein….ich kann es nicht weiterempfehlen.
Die Qualität „meiner“ Kuh ist nix Besseres, als ich bei jedem x-beliebigen Schlachter auch bekomme. Die Steaks sind zu wenig abgehangen und … naja…zart ist was anderes. Und nein, das liegt nicht an meinen Kochkünsten.
Außerdem besteht das Paket zu 50 % aus „geschreddertem“ Kuhfleisch…sprich Hack (was man allerdings vorher weiß). Bedeutet für mich, dass auch solche Stücke, wie Flank-Steak, Onglet u.ä. zu Hackfleisch verarbeitet werden….schade drum.
Und heute der Hammer: Wollte die Rouladen machen…durchschnittliche Größe der einzelnen „Rouladen“ entsprach der eines DIN lang Briefumschlages…damit das Gewicht passt, waren da, wo eine Roulade sein soll 2 Stück ineinandergewickelt.
Das Fleisch stammt von kleinen Höfen und soll nachhaltig produziert sein. Behauptet der Betreiber der Webseite…Ob es stimmt…..nix genaues weiß man nicht. Einen Beweis bleibt der Betreiber schuldig.
Alles in allem kann ich es nicht zu empfehlen.
Liebe Grüße
Micha

Ina
8 Jahre zuvor

Nette Idee, die allerdings nicht ganz neu ist…

Da ich in Hannover wohne, ist mir das Angebot von kaufnekuh zu weit weg. In unserer Nähe habe ich meinbiorind.de gefunden – ähnliches Prinzip und auch hier weiss ich, von welchem Bauern das Tier stammt.

Ich habe dort mal ein Paket gekauft und muss sagen, dass ich sehr begeistert war! Das angegebene Gewicht hat gestimmt, hatte im Ganzen sogar 500g mehr drin. Was mir zusätzlich gefällt, ich kann das Tier sehen und auch die Ohrmarke (steht auch auf der Verpackung drauf). Das ist für mich schon noch ein Stück mehr Nachvollziehbarkeit und Vertrauen.

@Micha:
Wenn der Kunde vorher weiss, dass das Paket zu 50 % aus „geschreddertem“ Kuhfleisch besteht, braucht er es ja nicht kaufen. 😉

Grüße aus Hannover
Ina

Elisabeth
8 Jahre zuvor

Von Kaufnekuh habe ich übers Radio erfahren. Hörte sich gut an. Regionales gutes Rindfleisch direkt vom Erzeuger. Die Bestellung, Lieferung alles ok. Der Preis auch. Fleisch schmeckt gut.
Aber jetzt kommst: liest man die Informationen auf den abgepackten Fleischpäckchen so steht da Geburtsland, Aufzuchtland, geschlachtet jeweils in Deutschland aber Portionierung in den Niederlanden. So viel zur Regionalität!
Einmal und nie wieder!

crevette
5 Jahre zuvor

Mit der Logistik sind wir sehr zufrieden, von der Bestellung bis zur Lieferung top.
Das Hühnerfleisch hat ***** Sternequalität.
Leider nicht so bei dem gelieferten Rind-(Kuh)fleisch, Geruch, Aroma und Geschmack sind leider weit von dem entfernt was gutes, gereiftes Fleisch normalerweise hat. Dazu kommt noch die leicht sauere Note, die oft bei vakuumiertem Fleisch zu finden ist. Das Fleisch zum Kurzbraten war zart, extrem zäh dagegen ein Stück Kochfleisch.
Da verzichten wir dann lieber ganz drauf.

Christoph
4 Jahre zuvor

Habe auch mehrere Pakete bestellt! das Konzept ist Toll nur die Umsetzung mangelhaft.
Es ist schön wenn eine Kuh einen Wert hat aber die Verarbeitung ist schlichter als im Supermarkt.
Die Steaks haben irgendwelche Schnitte was für den Grill schlecht ist, selbst wenn man das BBQ Paket bestellt, das Filet a 120 g ist so platt, dass man keine Gar-stufe in das Fleisch bekommt, Schnitzel-Schnitt wäre passender. Andere Stücke heißen einfach nur Rinder-Steak. Ich bin als Rinderfan sehr enttäuscht. Und ja, 50% ist Hack, Wurst, oder Burgerpatty. im Hack sind 1% Salz drinnen, im Patty sogar Tomate und Salz 🙁 ….

Fazit:
Idee Topp!
Umsetzung Flopp!
Qualität wie beim Discounter, einfach nichts besonderes

Schimmel
Reply to  Christoph
4 Jahre zuvor

@Christoph, 24. Mai 2020 :
Danke für die Bewertung, habe mich daraufhin entschieden, doch regional weiter nach einem Anbieter zu suchen. Schade, wenn gure Konzepte an der Umsetzung scheitern.
Elisabeth

Matt
3 Jahre zuvor

Inzwischen heißen sie Grutto, und auch wenn der Artikel schon älter ist, schreibe ich meine Erfahrung zu dem immer noch aktuellen Thema:

Ich habe ein Paket Bio Angus bestellt, der Kilopreis liegt bei ca. 20€. Wie bereits beschrieben sind davon ein großer Teil Hackprodukte.

Die paar guten Cuts waren echt lecker vom Grill (Filet, Ribeye, T-Bone selbst die Hüfte) Filets und Hüfte etwas zu klein, aber es ging.

Auch lecker sind die Würstchen.

Gar nicht ging das Hakk [sic] und Burger.
Zumindest der, der sie öffnet bekommt den Geruch nicht mehr aus der Nase und kann das nicht genießen. Säuerlich, aufdringlich nach Stall und zu stark nach Tier. Die Burger riechen dazu noch irgendwie nach Kohl (oder eben Pups).
Nicht verdorben, aber eben auch nicht zum reinbeißen, wie das Ribeye von der selben Kuh. Selbst aus dem Supermarkt riecht besser.

Als Folge bleibt das dann im Gefrierschrank liegen.

Der Service hat dann über einen Monat gebraucht, auf meine Mail zu reagieren. Gab einen kleinen Gutschein als Entschädigung aber vor allem Beteuerungen und einen Hinweis auf den „ungewohnt frischen Geschmack“

Zur Regionalität:
Ich hatte darauf geachtet, dass meine Kuh aus der Region stammt. Auch war ein Schlachtbetrieb, mit dem sie laut Website kooperieren in der Nähe. Das Versandetikett zeigte jedoch einen weiteren Weg (wenn auch noch im Rahmen) Auch die Deklaration bewies den unnötig langen Weg. Ich hoffe, die Kuh müsste nur die kürzere Strecke durchstehen.

Alles in allem ein gemischtes Bild. Ich werde aufgrund des Gutscheins noch einen Versuch wagen, aber insgesamt wird viel Potential verschenkt.

Zu den Preisen ist wahrscheinlich nicht viel mehr möglich, schade.